Das ditte Bedürfnis: Beziehungen

Einsamkeit? Wie kann eine Mama mit einem oder mehreren Kindern einsam sein? Ob mit Partner oder alleinerziehend, egal in welcher Konstellation ist man doch als Mama ausgelastet und erfüllt? Wie kann man sich da einsam fühlen?
Leider ist es so, dass Mütter, vor allem, wenn die Kinder noch klein sind und in den Kindergarten gehen, sich oft einsam und isoliert von der Gesellschaft fühlen.
Mutter zu werden oder zu sein, wenn man seine Rolle ernst nimmt, kann sehr erschöpfend sein. Vor allem, wenn man die Verwantwortung alleine tragen muss oder das Gefühl hat, alles alleine erledigen zu müssen. Das betrifft nicht nur alleinerziehende Frauen, sondern auch jene, die nur in Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bei den Kindern bleiben und bei denen der Partner oder die Partnerin häufig abwesend ist.
Erschöpfung ist ein Beziehungskiller
Nicht umsonst gibt es den Ausdruck "Beziehungsarbeit". Jede Beziehung zwischen zwei Menschen will gepflegt werden. Und diese Beziehungspflege benötigt Aufwand, sowohl zeitlichen Aufwand, als auch emotionalen und physischen Aufwand. Manchmal bedeutet diese Pflege auch finanziellen Aufwand.
An diesem Punkt spreche ich nicht nur von der Beziehung zum Lebenspartner oder zur Lebenspartnerin. Es geht hier um jede Art der Beziehung, sei es jene zu alten oder neuen Freunden oder Bekannten oder jene zur eigenen Familie, den Eltern oder den Geschwistern.
Wenn man ungebunden durch einen Partner oder durch Kinder durchs Leben geht, kann man seine Zeit und Ressourcen frei einteilen. Wenn man nicht gerade mit Schulzeit, Ausbildung oder Studium beschäftigt ist, kann man sich frei entscheiden, ob man sich mit Freunden treffen möchte, ins Kino geht, einfach mal einen freien Tag im Bett mit einem spannenden Buch verbringt oder ob man stundenlang mit einer Freundin am Telefon philosophiert.
Spätestens wenn das erste Kind kommt, ist es mit der freien Zeiteinteilung vorbei. Ab jetzt bestimmt das Baby, das Kleinkind, das Schulkind den Lebensrythmus. Nicht alleine die Zeiteinteilung wird jetzt durch den Familienzuwachs in Beschlag genommen. Die emotionalen, finanziellen und körperlichen Ressourcen stehen nun im Dienst des Kindes. Es wird geschlafen, wenn das Kind es zulässt, Geld wird zuallererst dafür verwendet, das kindliche Wohlbefinden zu sichern und die eigenen Emotionen und Bedürfnisse werden hintangestellt.
Das kann nicht nur zu Problemen in der Beziehung zum Lebenspartner führen, der oder die sich vernachlässigt fühlt, weil immer das Kind im Mittelpunkt zu stehen scheint. Nein, das führt häufig auch dazu, dass wir unsere sonstigen sozialen Kontakte verlieren oder keine neuen Kontakte mehr knüpfen. Kurz gesagt, die mit Freuden einhergehende Ankunft eines Kindes kann Mütter in Isolation und Einsamkeit stürzen.
Selbst schuld? Warum wir in die Einsamkeit rutschen
"Ruf doch einfach an, wenn es dir nicht gutgeht oder du Lust zum Quatschen hast" - solche Bemerkungen hört man oft von den Freunden. Warum fällt das so schwer? Warum lassen wir es so weit kommen, dass wir den Kontakt zu unseren Freunden verlieren?
Dafür gibt es mehrere Gründe:
Freunde ohne Kinder: wir haben das Gefühl, dass wir nicht mehr in denselben Club gehören und dass diese Freunde unsere Probleme nicht verstehen und sie sich nicht für unsere Themen interessieren.
Erschöpfung: wir sind zu müde, um Freundschaften zu pflegen; sogar ein kurzer Telefonanruf kann uns schon überfordern.
Zeitliche Herausforderungen: wenn wir versuchen, Arbeit außer Haus und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, haben wir nicht mehr viel Zeit für uns selbst, geschweige denn für Freundschaften; wenn wir von zu Hause aus arbeiten, ist tagsüber meistens niemand verfügbar, wenn wir Zeit hätten.
Einsamkeit ist einfacher: es erscheint uns einfacher, uns damit abzufinden, alleine zu sein, als den Aufwand zu betreiben, neue Kontakte zu knüpfen. Das schützt und vor Enttäuschungen. Wir idealisieren Freundschaften in unserer Vorstellung und sind enttäuscht, wenn andere dem Ideal nicht entsprechen.
Kinder als beste Freunde: es ist zwar schön, eine enge Beziehung zu seinen Kindern zu haben, die Kinder dürfen aber nicht dazu dienen, eure Bedürfnisse nach Nähe zu erfüllen. Es ist nicht ihre Rolle, unser Leben auszufüllen; eigentlich sollen wir sie in ihr Leben begleiten und nicht umgekehrt.
Was tun? Wie komme ich wieder in den Austausch mit anderen?
Wenn ich von Einsamkeit spreche, dann weiß ich wie sich das anfühlt. Durch mehrere Umzüge in meiner Kindheit und Jugend habe ich nur eine einzige Freundin aus meiner Kindheit behalten. Später habe ich selbst diesen wurzellosen Lebensstil weitergeführt, in ins Ausland gegangen und wieder zurückgekehrt. Danach bin ich alleinerziehende Pflegemutter geworden. Dass das nicht gerade vorteilhafter Boden für langjährige Freundschaften ist, könnt ihr euch vorstellen. Ich habe oft versucht, aktiv auf andere zuzugehen, mich im Kindergarten, in der Schule oder im Sportverein meiner Tochter einzubringen. Leider ist es mir nie gelungen, bedeutungsvolle Kontakte zu knüpfen, weil es schwierig ist, Menschen zu finden, die auf der gleichen oder ähnlichen Wellenlänge sind. Aber ich gebe nicht auf und das solltet ihr auch nicht tun! Es gibt immer öfter Momente, in denen ich Menschen begegne, die zu meiner Wahlfamilie gehören könnten.
Wenn ihr euch schwertut, neue Menschen in euer Leben zu lassen, könnt ihr Folgendes versuchen:
Seid selbst eine gute Freundin: wenn ihr offen für die Bedürfnisse anderer seid und bemerkt, dass eine andere Mutter ähnliche Probleme hat wie ihr, dann geht auf sie zu. Vielleicht braucht sie ein paar Minuten Austausch beim Abholen vom Kindergarten oder auf dem Spielplatz, vielleicht könnt ihr dazu beitragen, dass sie an diesem Tag einen positiven Input bekommt. So könnt ihr den Samen für eine neue Freundschaft säen.
Schließt euch einer Frauengruppe an, sucht Mütter mit ähnlichen Problemen oder Herausforderungen wie ihr (Pflegeeltern-Gruppe, Alleinerziehende, berufstätige Mütter, etc.). Vielleicht seid ihr selbst Initiatorin einer Gruppe von Müttern, die sich regelmäßig trifft oder die sich unterstützt bei den täglichen Herausforderungen!
Haltet Kontakt zu euren Freunden und Freundinnen, aber klammert euch nicht an sie. Eventuell müsst ihr euch vom Konzept der "besten Freundin" aus Teenagerzeiten verabschieden und euch daran gewöhnen, dass auch die beste Freundin sich weiterentwickelt und die gleichen neuen Herausforderungen hat wie ihr.
Manche Freundschaften sind nur von begrenzter Dauer - nicht jede Freundschaft dauert ewig. Es ist okay, dass sich manche Freundschaften auch wieder trennen, wenn das Leben in andere Richtungen führt. Seid nicht traurig darüber, das ist der natürliche Lauf der Dinge. Andere Freundschaften dauern dafür ein Leben lang, auch wenn man sich nicht häufig sehen kann.
Partnerbeziehung
Auch die Beziehung zwischen den Lebenspartnern ändert sich, wenn ein Kind die Zweisamkeit aufmischt. Während die Mutter mit dem Kind beschäftigt ist (vor allem in den ersten beiden Jahren), fühlt sich der Partner oft hintangestellt oder vernachlässigt. Das Kind nimmt nun die meiste Aufmerksamkeit in Anspruch. Hier hilft nur gute Zusammenarbeit; der Partner/die Partnerin sollte die Mutter entlasten, wo es geht, damit sie sich körperlich und emotional erholen kann und die Mutter sollte sich Zeit nehmen, um mit dem Partner/der Partnerin in Kontakt zu bleiben. Gute Kommunikation ist hier gefordert! Nehmt euch Zeit für euch als Paar, hört einander zu, nehmt eure Bedürfnisse ernst. Nur so kann Intimität entstehen und ihr könnt euch euer Paar-sein außerhalb des reinen Eltern-seins bewahren und pflegen (ähnlich wie in meinem Artikel über die Bewahrung der eigenen Identität als Frau).
Familienbeziehungen
Wenn wir junge Eltern sind, stellen und meistens die veränderten innerfamiliären Beziehungen vor Herausforderungen. Vor allem die Beziehung zu unseren eigenen Eltern oder den Schwiegereltern kann zu Konflikten führen. Vielleicht haben wir uns von unseren Eltern eine andere Reaktion erhofft, vielleicht ist unsere Mutter nicht die Bilderbuch-Oma, die sich voll für ihr neues Enkelkind aufopfert und unser Vater ist vielleicht nicht der ideale Opa, den wir uns gewünscht hätten. Mischen sich die Schwiegereltern eurer Meinung nach zu sehr in euer Familienleben ein oder bringen sie immer Süßigkeiten mit, obwohl ihr das schon 100 Mal kritisiert habt?
Gebt den Großeltern eine Chance!
Auch für sie ist es eine neue Situation. Sie müssen lernen, dass ihr jetzt nicht mehr das Kind seid, sondern selbst ein Kind habt, das euch braucht und auf euch angewiesen ist. Sie werden - genau wie ihr - Fehler machen.
Auch sie haben ihre Grenzen. Wenn ihr Glück habt, sind sie noch recht fit, aber vergesst nicht, dass sie älter sind als ihr, dass sie schon Eltern waren und eventuell keine Lust haben, das Ganze nochmal durchzumachen. Seid achtsam und nehmt Rücksicht auf ihr Energielevel, auf ihre Persönlichkeit und freut euch über das, was sie euch geben können.
Vielleicht gehen sie euch mit ihren Ratschlägen auf die Nerven, aber sie haben doch einiges mehr an Lebenserfahrung. Auf jeden Fall haben sie mehr Erfahrung mit Kindern als ihr. Ihr müsst nicht alle Ratschläge übernehmen, aber seid offen für ihre Anregungen, einige davon könnten doch hilfreich sein.
Der Mehrgenerationen Umgang hat einen positiven Einfluss auf eure Kinder. Studien zeigen, dass Bezugspersonen aus unterschiedlichen Generationen das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl eurer Kinder stärken können. Außerdem ist es immer gut, einen liebevollen Zufluchtsort zu haben, wenn die Eltern mal nerven ;-).
Geschwister
Alle, die Geschwister haben, wissen, sie sind Fluch und Segen zugleich. Auch wenn in der Kindheit so mancher Konflikt ausgetragen wird, so sind sie doch eine tolle Ressource und Unterstützung im Erwachsenenleben. Auch wenn ihr in unterschiedlichen Lebenslagen seid - vielleicht sind sie älter, haben jüngere, ältere oder keine Kinder, leben in der Nähe oder weit weg von euch - ihr teilt dennoch eine gemeinsame Geschichte und gemeinsame Kindheitserinnerungen. Sie können euch besser unterstützen als jeder Freund oder jede Freundin. Und eure Kinder können eine weitere liebevolle Bezugsperson in ihren Onkeln und Tanten finden.
Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen, wer wüsste das besser als wir Mütter? Gerade wir Mütter haben ein Bedürfnis nach Nähe und Beziehungen. Wir wünschen uns Austausch mit anderen, wir wünschen und Verständnis, Empathie und Verbindungen mit Gleichgesinnten. Wenn wir dieses Gefühl zulassen können und das Bedürfnis ernstnehmen, dann können wir auch wieder besser die Bedürfnisse unserer Kinder erfüllen!
Beim nächsten Mal gebe ich euch weitere Tipps, wie ihr eure Beziehungen stärken könnt!
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