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Extra Kind, extra Stress? – Wie Ferien mit Gastkindern gelingen können

Aktualisiert: 27. Juli


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Sommerferien – Sonne, Strand, Familienzeit. Und plötzlich ist da noch ein Kind mehr: Der beste Freund oder die beste Freundin des eigenen Kindes fährt mit in den Urlaub. Klingt nach Abenteuer und Kinderlachen rund um die Uhr – kann aber auch Stress, Konflikte und neue Herausforderungen mit sich bringen. Wie gelingt der Urlaub mit einem Gastkind wirklich? Und worauf sollten Eltern achten?


Wie ihr wisst, ist meine Tochter auch ein Einzelkind und ich bin alleinerziehend. Auf Urlaubsreisen habe ich immer darauf geachtet, dass es am Urlaubsort andere Kinder in ihrem Alter gibt, dass es eine Animation für Kinder gibt, damit ich nicht rund um die Uhr für ihre Unterhaltung sorgen muss und damit ich mich im Urlaub ein bisschen entspannen kann. Das hat immer gut geklappt, aber es natürlich viel netter, wenn eine gute Freundin in den Urlaub mitfährt, mit der man sich nach dem Urlaub auch noch an die schönen Erlebnisse erinnern kann.


Wir haben ein paarmal Freundinnen zu Hause zum Übernachten eingeladen oder in den Urlaub mitgenommen, die Erfahrungen damit waren gemischt. Zweimal wurde die Übernachtung bzw der Urlaub abgebrochen. Bei beiden Freundinnen hat sich herausgestellt, dass sie psychische Probleme haben und schlecht mit Abwesenheit von zu Hause umgehen können. Leider haben uns das weder die Eltern im Vorfeld mitgeteilt, noch habe ich gefragt, ob Probleme bestehen könnten. Wenn man selbst ein Kind hat, das sehr anpassungsfähig ist und wenn man selbst easy going ist, setzt man automatisch voraus, dass es in anderen Familien ebenso ist. Beide Male war meine Tochter sehr traurig und enttäuscht, dass ihre Freundinnen den Urlaub bzw die Übernachtung abgebrochen haben und hat sich von ihnen betrogen gefühlt.


Darum möchte ich euch in diesem Artikel praktische Tipps, rechtliche Hinweise und Erfahrungswerte mitgeben, damit aus dem Extra Kind im Urlaub kein Extra Stress wird und damit ihr euch und eurem Kind die Enttäuschung ersparen könnt.


1. Warum überhaupt ein Gastkind mitnehmen?


Viele Kinder sind - wie meine Tochter - Einzelkinder, das kann im Urlaub eine Herausforderung sein, gerade für die Eltern. Vor allem dann, wenn am Urlaubsort für Kinder oder Jugendliche kein oder kein zufriedenstellendes Betreuungsangebot vorhanden ist. Kinder können sich miteinander beschäftigen, es kommt seltener Langeweile auf und die Eltern haben auch mal Zeit, sich zu erholen und müssen nicht den ganzen Tag ihr Kind bespaßen. Für Kinder ist es ein riesiges Geschenk: Mit der besten Freundin oder dem Kumpel in den Urlaub fahren – das stärkt Freundschaften, sorgt für gute Laune und macht Erlebnisse noch schöner.


Aber: Mit dem zusätzlichen Kind kommt auch zusätzliche Verantwortung – und das will gut überlegt und vorbereitet sein.


2. Rechtliches: Diese Punkte solltest du unbedingt klären


Wenn du ein fremdes Kind mit in den Urlaub nimmst, bist du temporär, für die Dauer eurer Reise, für das Kind verantwortlich. Rechtlich gesehen bleibt das Sorgerecht natürlich bei den Eltern. Trotzdem solltest du folgende Dinge schriftlich festhalten:


Wichtige Dokumente & Vollmachten:


  • Einverständniserklärung beider Elternteile (auch bei getrennt lebenden Eltern!)

  • Vollmacht für medizinische Notfälle

  • Krankenversicherungskarte (Kopie oder eigene Karte mitgeben lassen - in Österreich die e-card)

  • Reisepass oder Ausweis des Kindes (bei Auslandsreisen)

  • Notfallkontakte & wichtige Infos (z. B. Allergien, Medikamente, Ängste)


Tipp: der ÖAMTC bietet Vorlagen für Einverständniserklärungen der Eltern in mehreren Sprachen unter diesem Link.


Bitte beachtet - auch wenn ihr alleine mit eurem Kind unterwegs seid, kann es sein, dass ihr die Einverständniserklärung des Vaters oder der Mutter benötigt. Macht euch unbedingt schlau vor eurer Reise, damit es bei Kontrollen keine Probleme gibt. Bei Pflegekindern solltet ihr eine Bestätigung des Amts (in Wien die MA11) dabei haben, dass ihr mit dem Kind verreisen dürft (ihr könnt diese sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch anfordern).


3. Vor dem Urlaub: Kommunikation ist alles


Es ist sehr wichtig, dass ihr mit den Eltern eures Gastkindes gewisse Punkte abklärt:


  • Gibt es Regeln für Essen, Medienzeit, Schlafenszeiten?

  • Was darf das Kind - was nicht?

  • Gibt es Medikamente, hat das Kind Ängste oder gilt es, gesundheitliche Besonderheiten zu beachten?

  • Was sind die Rückholmöglichkeiten für das Kind, falls es gar nicht klappt?


Ideal wäre es, auch mit dem Gastkind vorher ein Gespräch zu führen:


  • Wie wird der Urlaub ablaufen?

  • Hat es wirklich Lust auf den Urlaub?

  • Einmal vor Ort, kann der Urlaub für die Dauer der Reise womöglich nicht abgebrochen werden, falls es doch wieder nach Hause möchte

  • Kennt ihr euch gut genug?

  • Gibt es Dinge, die dem Gastkind schnell unangenehm sind?


Dieses Abklären beruhen auf Gegenseitigkeit, es kann durchaus sein, dass ihr euch nach dem Gespräch nicht vorstellen könnt, das fremde Kind mit in den Urlaub zu nehmen. Wenn ihr ein ungutes Gefühl habt, sprecht eure Zweifel oder eure Sorgen mit den Eltern oder dem Kind an. Im Zweifelsfall lasst es lieber bleiben oder beginnt mit einer Übernachtung bei euch zu Hause oder einem Wochenendausflug als Testballon.


Eines ist sicher, je mehr ihr im Vorfeld übereinander wisst, desto größer ist die Chance für einen entspannten und fröhlichen gemeinsamen Urlaub!


4. Im Urlaub: Klare Regeln & Platz für alle


Das Gastkind braucht Struktur, Sicherheit und ein Zugehörigkeitsgefühl. Ich bin dafür, Regeln für den Urlaub offen anzusprechen und freundlich zu erklären (zB Regeln beim Essen, wieviel Mitfhilfe wird von den Kindern gefordert, etc.)


Ihr solltet alle Kinder gleich behandeln, aber dennoch auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. So bleibt ihr auch offen für die individuellen Bedürfnisse eurer Kinder und des Gastkindes und könnt mögliche Konflikte oder Probleme gleich ansprechen (zB Eifersucht, Heimweh, Überforderung).


Wenn die Kinder größer sind (Stichwort: Teenager ;-)), könnt ihr ganz klar ansprechen, worauf ihr Wert legt. Ich lege Wert darauf, dass jeder zur Ordnung im Urlaubs-Zuhause beiträgt. Ich hatte mir erwartet, dass jeder so denkt und auch das Gastkind mithilft, dass wir es gemütlich und sauber haben. Das war nicht der Fall und nach ein paar Tagen, an denen ich mich still geärgert und hinter dem Kind hergeräumt habe, bin ich dazu übergegangen, die Probleme immer sofort anzusprechen. Das Gastkind war zunächst überrascht, dass ich auf diesen Regeln bestehe, hat sich aber dann an die Regeln gehalten und ich musste nicht mehr im Stillen vor mich hin grummeln.


Vergesst nicht, Pausen für euch einzubauen. Das Ziel, ein Gastkind einzuladen war ja, Zeit für euch selbst zu haben und eben nicht nonstop animieren zu müssen!


5. Und wenn’s doch mal schwierig wird?


Auch wenn ihr alle oben genannten Punkte abgeklärt habt, auch wenn eure Kinder sich bisher immer ausgezeichnet verstanden haben, kann es trotz der besten Vorbereitung auch mal schiefgehen. Vielleicht ist das Heimweh eures Gastkindes doch zu groß, vielleicht fühlt es sich unwohl, wird krank, vielleicht ist euer Kind eifersüchtig oder vielleicht ist auch alles zu viel für euch und ihr seid überfordert.


Zunächst solltet ihr euch mit den Kindern zusammensetzen und die Probleme ansprechen. Am besten in Ruhe und ohne Vorwürfe, damit ihr dem Problem auf den Grund gehen und es eventuell sogar lösen könnt.


Falls das nicht genügt, sucht den Kontakt zu den Eltern des Gastkindes und sprecht diskret mit ihnen. Vielleicht haben sie einen Tipp oder eine Idee, wie alles wieder ins Lot kommt.


Im Extremfall müsst ihr womöglich den gemeinsamen Urlaub abbrechen oder den Rückreiseplan für das Gastkind aktivieren.


Fazit: Ein Kind mehr – mit Herz, Klarheit und Vorbereitung


Ein Gastkind im Urlaub kann eine große Bereicherung sein – für dein Kind, für das Gastkind, und ja: auch für dich als Elternteil. Entscheidend ist, dass alle Seiten gut vorbereitet sind und wissen, worauf sie sich einlassen.


Denn mit einem guten Mix aus Struktur, Offenheit und Humor wird der Urlaub für alle Beteiligten zu einem unvergesslichen Erlebnis.

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