Pflegekind Serie: Empathie mit der Ursprungsfamilie
- Vampirndl
- 25. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Der Kontakt mit der Ursprungsfamilie und den biologischen Eltern eines Pflegekindes kann eine große Herausforderung sein. Diese Kontakte sind oftmals für uns Pflegeeltern sehr fordernd.
Wir müssen das Gleichgewicht halten zwischen dem Schutz unseres Pflegekindes, Offenheit gegenüber der biologischen Familie und der emotionalen Selbstfürsorge. Aber es ist dennoch möglich, Empathie mit den biologischen Eltern zu empfinden, aber unter gewissen Rahmenbedingungen:
Kindeswohl
Der Zweck der Besuchskontakte wird oft missverstanden. Diese Kontakte sollen weder den leiblichen Eltern noch den Pflegeeltern dienen. Sie sind dazu gedacht, dass das Pflegekind eine Bindung zum Herkunftssystem haben. Sie dienen dazu, dass das Kind ein realistisches Bild der biologischen Eltern bekommen. Das ist besonders für die Biografiearbeit wichtig (siehe dazu meinen Artikel zu diesem Thema). Das Kind darf dabei aber auf keinen Fall überfordert werden.
Pflegeeltern sind Teil des Systems
Es ist gut und wichtig, ein gewisses Verständnis für die Situation der Ursprungsfamilie mitzubringen, denn wie ich bereits in meinem Artikel zur Biografiearbeit erwähnt habe, sind sie auch nur Menschen und bringen ihre eigene Geschichte und Verletzungen mit. Aber ihr seid beim Besuchskontakt als Teil eines Hilfesystems anwesend, das heißt, ihr müsst euch eine professionelle innere Haltung aneignen. Das bedeutet nicht, dass ihr eiskalt gegenüber der Familie auftreten müsst, aber es hilft euch dabei, euch innerlich zu distanzieren.
Ablauf der Besuchskontakte mit dem Amt festlegen
Es ist immer gut, im Vorfeld mit dem Jugendamt die Umstände der Besuchskontakte zu klären. Folgendes solltet ihr mit dem Jugendamt vor dem ersten Kontakt mit der Ursprungsfamilie besprechen:
Wer ist bei den Kontakten dabei? (Eltern, Großeltern, Verwandte, Geschwister)
Wo findet der Kontakt statt, wird er vom Jugendamt begleitet?
Was passiert, wenn etwas schiefgeht? (was könnt ihr machen, wie kann euch das Amt beistehen?)
Auch hier ist wichtig im Kopf zu behalten, dass es darum geht, das Kind zu schützen.
Entwickelt innere Distanz
Wenn ihr die Vorgeschichte eures Pflegekindes kennt, seid ihr eventuell emotional sehr aufgewühlt. Ihr seid wütend auf die Eltern oder abgestoßen und entsetzt über das, was euer Pflegekind bisher ertragen musste. Ihr seid schockiert über die Auswirkungen, die diese Traumata auf euer Pflegekind haben und könnt nicht verstehen, wie Eltern dem Kind solche Dinge antun können. All das ist nur menschlich und wenn ihr das Bedürfnis habt, darüber zu sprechen, dann tut es. Aber nicht mit eurem Pflegekind! Es ist nicht hilfreich für euer Pflegekind, wenn ihr seine biologischen Eltern schlechtmacht. Euer Pflegekind liebt seine Eltern vielleicht trotzdem und das ist auch in Ordnung. Diesen Zwiespalt müsst ihr aushalten.
Zusammenarbeit
Wenn es möglich ist, baut eine wertschätzende Beziehung zu den biologischen Eltern auf und begegnet ihnen auf Augenhöhe. Trotzdem müsst ihr darauf achten, dass eure Grenzen nicht überschritten werden. Ihr seid nicht die Therapeuten der Eltern, sondern sollt für Stabilität im Alltag eures Pflegekindes sorgen. Ihr müsst nicht beste Freude werden oder eine Kumpelbeziehung aufbauen. Ihr müsst auch den biologischen Eltern nicht immer die Wahrheit sagen. Es ist schön, wenn es euch gelingt, den vergleichsweise kurzen Besuchskontakt, angenehm und harmonisch zu gestalten, um eine Retraumatisierung eures Pflegekindes zu vermeiden.
Fazit: Empathie mit den biologischen Eltern eines Pflegekindes zu haben, ist nicht nur möglich, sondern kann auch positive Auswirkungen auf alle Beteiligten haben. Durch einfühlsames Verständnis, klare Kommunikation und den Fokus auf das Wohl des Kindes könnt ihr eine Brücke zwischen beiden Welten bauen und eine unterstützende Umgebung für euer Pflegekind schaffen. Es geht darum, eine Balance zu finden, bei der die Bedürfnisse des Kindes respektiert und berücksichtigt werden. Wenn dann auch noch die Beziehung zu den biologischen Eltern friedlich bleibt, habt ihr schon viel gewonnen. Und dann geht ihr auch selbst mit einem angenehmen Gefühl aus dem Kontakt heraus.
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