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Rassismus: Ebony and ivory - wann leben wir endlich in Harmonie?

Aktualisiert: 1. Juni 2022


Schon Paul McCartney und Stevie Wonder sangen, dass "ebony" und "ivory", also schwarz und weiß, Seite an Seite als Klaviertasten leben können, und stellten sich die Frage, warum wir Menschen das nicht schaffen.


Die traurige Aktualität - der Mord an George Floyd am 25. Mai 2020 - hat mich dazu angeregt, mir Gedanken zum Thema Rassismus und generell über den Umgang mit Menschen zu machen, die anders sind als wir.


Afro-Amerikaner in den USA


Der Rassismus in den USA, vor allem gegenüber den sogenannten Afro-Amerikanern, ist eine sehr komplexe Angelegenheit mit einer langen Vergangenheit. Die Geschichte der Sklaverei ist dort noch längst nicht aufgearbeitet und die afro-amerikanische Community ist immer noch stark gesellschaftlich benachteiligt bei der Ausbildung, am Arbeitsmarkt und überrepräsentiert bei der Anzahl an unschuldig Inhaftierten.


Die Präsidentschaft von Barack Obama als erster schwarzer Präsident der USA hat sich leider nicht so positiv auf die Situation der afro-amerikanischen Bevölkerung ausgewirkt wie erhofft, da Barack Obama sich selbst als Präsident einer Gesellschaft gesehen hat, die rassische Unterschiede bereits überwunden hat (Stichwort: "post-racial America"). Die Corona Krise hat sich vor allem auf die afro-amerikanische Bevölkerung extrem negativ ausgewirkt - diese Menschen sterben aufgrund der Ungerechtigkeit des Gesundheitssystems häufiger an Covid-19 als Weiße und sind auch stärker von der Corona-bedingten Arbeitslosigkeit betroffen.


Die Polizei, dein Freund und Helfer?


Der Mord an George Floyd ist leider kein Einzelfall, er ist nur die Spitze eines riesigen Eisbergs Er ist nur deswegen so schockierend, weil sein Todeskampf in voller Länge auf Video festgehalten wurde und weil dieser Mord das schiere Ausmaß der polizeilichen Brutalität gegenüber einem schwarzen Mitglied der Gesellschaft zeigt. Brutalität einer staatlichen Institution, die eigentlich nicht für Eskalation sondern für das Gegenteil sorgen sollte, die eigentlich die Bevölkerung nicht in schwarz und weiß, sondern in gesetzestreue und gesetzesüberschreitende Menschen einteilen sollte.

In den USA ist das Bild der Polizei stark beschädigt. Wenn man jedoch bedenkt, dass die Ausbildung zum Polizisten in den USA nur ca. 4-5 Monate dauert und das Gehalt im Verhältnis zur Verantwortung dieses Jobs recht niedrig ist, muss man sich nicht wundern, wenn die Gewaltbereitschaft der Polizisten hoch und ihr Bildungsniveau niedrig ist. Eine explosive Mischung, die vor wenigen Wochen zum Mord an einem Mann geführt hat, der verdächtigt wurde, mit einem gefälschten 20 Dollar Schein bezahlt zu haben. Ein Mord der geschah, während die Kollegen des Polizisten tatenlos zusahen.


Rassismus in Österreich


Zum Glück sind wir in Österreich von Situationen wie in den USA bisher verschont geblieben. Aber Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung sind auch in unserem Land ein Thema, über das man sprechen muss und das nicht unter den Teppich gekehrt werden darf.


Die Organisation ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht über Rassismus in Österreich. Laut diesem Bericht wurden im Jahr 2019 1.950 rassistische Vorfälle gemeldet. Wenig überraschend ist, dass 1.070 dieser Fälle aus dem Internet stammen. Immerhin 201 Fälle stammen insgesamt aus den Bereichen "Staatliche Behörden & Institutionen", "Polizei" und "Politik". Und das sind nur die gemeldeten Fälle. Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit wesentlich höher.


Aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, dass Menschen "mit Migrationshintergrund" wesentlich häufiger polizeilich kontrolliert werden als solche ohne sichtbaren Migrationshintergrund. Eine Freundin von mir nimmt es mittlerweile mit Humor, dass sie grundsätzlich bei einer Verkehrskontrolle angehalten wird und die Polizei ihr Auto durchsucht. Sie hat offenbar das Pech, in eine bestimmte Kategorie des "racial profiling" zu fallen, die als besonders verdächtig gilt. Dabei hat sie ein abgeschlossenes Studium, einen gut bezahlten Job und besitzt eine Eigentumswohnung...


Ein anderer Freund wurde von der Polizei aufgehalten; die Beamten wurden bei der Leibesvisitation ganz unruhig, als sie in seiner Jackentasche ein rechteckiges Objekt entdeckten. Es handelte sich dabei um einen Deo-Stick, den er bei sich trug. Er schilderte mir den Vorfall kabarettreif mit viel Ironie, doch ich kann mir vorstellen, dass einem in der Situation selbst nicht zum Lachen zumute ist.


Meine Tochter gehört zur Gruppe der Staatsbürger mit Migrationshintergrund, wobei sich ihr Migrationshintergrund auf ihr Aussehen und ihre türkische Ursprungsfamilie beschränkt. Sie selbst spricht nur wenige Worte Türkisch und sie wächst ohne bestimmte religiöse Erziehung auf. Obwohl sie akzentfreies Deutsch spricht (in Österreich sagt man dazu "Deutsch mit deutschem Akzent") und sie abgesehen von ihrem Aussehen eine waschechte gebürtige Wienerin ist, wird sie von einigen ihrer Mitschüler rassistisch beschimpft und ausgegrenzt.


Weltoffene Kinder sind unsere Zukunft


Der Kampf gegen Rassismus und gegen jede Art von Ausgrenzung von Menschen aufgrund welches Kriteriums auch immer ist essentiell in unserer Gesellschaft, die zum Glück immer bunter wird. Gerade bei unseren Kindern müssen wir beginnen und besonders wachsam sein, denn häufig werden kulturelle oder rassistische Konflikte von zu Hause mit in die Schulen gebracht und dort unter den Kindern ausgetragen.


Schon in den Volksschulen gibt es Prügeleien auf dem Schulhof zwischen Burschen wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft, weil diese feindselige Haltung gegenüber der jeweils anderen Volksgruppe zu Hause vorgelebt wird. Mädchen werden als "Schlampen" beschimpft (nicht nur von den Burschen!) und - fake news sei Dank - sind einige Schulkameraden meiner Tochter tatsächlich der Meinung, alle Asiaten verbreiten Covid-19, weil sie Fledermäuse essen. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.


Wir alle haben Vorurteile, das ist nur menschlich. Bei der Erziehung unserer Kinder sollten wir uns dessen bewusst sein und darauf achten, welche Haltung gegenüber anderen Menschen wir ihnen vorleben und was wir gegen die Bildung von Vorurteilen tun können.


Hier habe ich ein paar Tipps und Denkanstöße für euch zusammengestellt:

  • Nehmt euch selbst bei der Nase und denkt über eure Vorurteile und Formulierungen nach! Wie sehr stimmen meine Vorurteile mit der Realität überein? Woher stammen meine Vorurteile? Handelt es sich um Tatsachen, eigene Erfahrungswerte oder um nicht verifizierbare Informationen aus den Medien?

  • Aus dem vorhergehenden Punkt folgt: seid ein Vorbild für euer Kinder und eure Mitmenschen! Achtet darauf, wie ihr über andere sprecht und wie ihr anderen Menschen gegenüber handelt. Sagt ihr zB "Zigeuner", weil ihr es so gewohnt seid? Welche Gedanken habt ihr, wenn ihr eine ältere Frau mit einem jüngeren Partner oder einen geschminkten Mann in der U-Bahn seht?

  • Thematisiert Vorurteile in Medien und Internet! Es ist sehr gut, Kinder und Jugendliche über Cybermobbing, fake news, Hassrede, etc. in den (sozialen) Medien zu informieren. Ebenso wichtig ist es, ihnen die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie zu solchen Ereignissen aktiv Stellung beziehen können und Zivilcourage zeigen können, zB durch das Melden von rassistischen oder diskriminierenden Kommentaren auf YouTube, Facebook & Co oder durch das Posten von Gegenargumenten oder Quellen mit verifizierbaren Fakten.

  • Stärkt Kinder in ihrer Identität! Bringt euren und anderen Kindern Wertschätzung entgegen und respektiert ihre unterschiedlichen Gruppenzugehörigkeiten, zB kulturelle, religiöse Zugehörigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sportmannschaft, Schulgemeinschaft, Sprachgemeinschaft, ... Sucht euren Kindern geeignete Vorbilder aus ihrem Bereich, deren Geschichte sie anspornen und inspirieren kann. Helft ihnen dabei, Diskriminierungen jedweder Art in einem geschützten Rahmen (in der Familie, mit Psychologen oder Sozialarbeitern) ansprechen und thematisieren zu können, um sie zu verarbeiten und zu lernen, wie sie solchen Ereignissen entgegentreten können.

  • Thematisiert Inhalte! Achtet darauf, welche Musik euer Kind hört, welche Filme es ansieht, welche Bücher es liest. Fragt euer Kind, ob es verstanden hat, worum es in dem Song / Film / Buch geht. Wenn es sich um frauenfeindliche, rassistische oder diskriminierende Inhalte handelt, diskutiert darüber mit eurem Kind. Verbietet und verteufelt diese Inhalte nicht sofort, denn so treibt ihr euer Kind in eine Abwehrhaltung euren Argumenten gegenüber. Hört eurem Kind zu und versucht, diese Themen möglichst objektiv mit ihm zu besprechen. Macht ein Gegenangebot und seht euch zB einen (altersgerechten 😉) Film an, in dem die andere Seite der Medaille gezeigt wird. Besucht ein Museum (zB zum Thema Holocaust) oder sprecht über die Situation der Frauen, Männer, Homosexuellen, etc. in der eigenen Familienvergangenheit.

  • Weltoffene Kinder werden selten zu Rassisten! Wenn ihr euren Kindern schon früh vielfältige Erfahrungen in einem bunten Umfeld ermöglicht, habt ihr schon alles richtig gemacht. Denn vor dem, was wir kennen, brauchen wir keine diffuse und unbegründete Angst mehr zu haben. Wenn ihr im Ausland auf Reisen seid, versucht eurem Kind ein paar Worte der Landessprache zu vermitteln, kommt in Kontakt mit Einheimischen, erklärt eurem Kind kulturelle und religiöse Besonderheiten des Landes auf wertschätzende Weise. Vielleicht helft ihr mal mit euren Kindern in einem Obdachlosenheim bei der Essensausgabe aus oder verbringt Zeit mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen?

Eigentlich sind "ebony" und "ivory" heute in unserer bunten Welt nicht genügend Farben, um den ganzen Regenbogen an menschlicher Vielfalt auszudrücken, aber da die Farbe "weiß" durch eine Mischung aus vielen Einzelfarben entsteht, will ich mal nicht so sein. Hoffentlich können wir den Refrain des Liedes bald umdichten in "Ebony and ivory live together in perfect harmony, side by side on my piano keyboard, oh Lord, so do we!"


Hier noch einige Buchempfehlungen zum Thema Rassismus, Imperialismus und Diskriminierung für Groß und Klein:

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