Eine Krise oder schwierige Lebenssituation muss keine Katastrophe sein!

Trinkt ihr lieber aus dem halb vollen als aus dem halb leeren Glas? Das Zauberwort heißt "Resilienz" - und die kann man erlernen!
Das Coronivirus ist derzeit DAS Thema Nr 1 in allen Medien, in allen Familien – in vielen Städten sind jene Geschäfte geschlossen, die nicht zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung dienen, die Straßen und Parks sind derzeit quasi menschenleer. Wenn wir spazieren gehen dürfen, dann nur im engsten Familienkreis mit mindestens einem Meter Abstand zu fremden Personen. Unser Leben, wie es noch vor wie, drei Wochen ablief, sieht nun ganz anders aus.
Viel wird diskutiert über die Ansteckungsrate, über Todesfälle, Risikogruppen und über unser Immunsystem. Heute möchte ich mich nicht mit dem physischen Immunsystem befassen, sondern mit der Resilienz, dem Immunsystem unserer Seele.
Im Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik kann man Folgendes über Resilienz lesen:
„Als Resilienz bezeichnet man in der Psychologie die Fähigkeit zu Belastbarkeit und innerer Stärke. […] Resilienz bezeichnet zunächst in der Entwicklungspsychologie die Widerstandsfähigkeit von Kindern, sich trotz belastender Umstände und Bedingungen normal zu entwickeln. Ganz allgemein betrachtet ist Resilienz die Fähigkeit von Menschen, auf wechselnde Lebenssituationen und Anforderungen in sich ändernder Situationen flexibel und angemessen zu reagieren und stressreiche, frustrierende, schwierige und belastende Situationen ohne psychische Folgeschäden zu meistern, d.h., solchen außergewöhnlichen Belastungen ohne negative Folgen standzuhalten.“
In der derzeitigen Situation sind viele Menschen auf sich selbst und ihren kleinsten Kreis der Familie zurückgeworfen. Viele erleben vielleicht die jetzt herrschende Nähe nicht als bereichernd, sondern eher als beengend. Manch anderer ist vielleicht derzeit alleine. Ich denke vor allem an ältere Menschen, die alleine leben und ihre Lieben aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht sehen dürfen oder Singles, die alleine in einer Wohnung leben. Und manche fühlen sich vielleicht alleingelassen, obwohl sie nicht unmittelbar alleine sind. Hier denke ich vor allem an etwas ältere Kinder und Jugendliche, für die ihre Freunde und die Interaktion mit ihnen alles bedeutet.
Die „Coronakrise“ ist für die meisten unter uns, ausgenommen velleicht die Kriegsgeneration, eine nie dagewesene Situation. Doch besonders schwierig ist sie wohl für Kinder und Jugendliche, für die sie die erste große Herausforderung in ihrem Leben darstellt. Kann man in dieser Lage glücklich sein? Was kann man dem Gefühl der Verzweiflung und der Traurigkeit entgegenwerfen? Sind wir und unsere Kinder resilient genug, um angesichts dieser Krise nicht zu verzweifeln? Es gibt gute Neuigkeiten falls ihr momentan noch nicht so gut mit der Situation klarkommt – Resilienz kann man lernen!
Forscher Raffael Kalisch beschreibt in seinem Buch „Der resiliente Mensch. Wie wir Krisen erleben und bewältigen“, dass Resilienz kein unsichtbares Schutzschild ist, das nur manche Menschen zu beschützen scheint, sondern dass Resilienz bedeutet, aktiv zu bleiben und, sich – wie man umgangssprachlich sagt – "nicht unterkriegen zu lassen". Resiliente Menschen sind solche, die zwar durchaus realistisch sind, die aber versuchen, jeder schwierigen Situation etwas Positives abzugewinnen. Bei Resilienz handelt es sich nicht um eine angeborene Fähigkeit, sondern um einen erlernten Bewertungsstil. Und diesen Bewertungsstil kann man ändern, indem man seine innere Einstellung – auf Neudeutsch sein "Mindset" – ändert.
Als ich vor einigen Tagen abends ferngesehen habe – eine Sendung im ORF über – ihr wisst schon was – natürlich die Coronakrise, war einer der Studiogäste Thomas Brezina. Sein Auftritt hat mich sehr berührt. Viele von euch werden den bekannten österreichischen Autor bereits kennen. Falls ihr noch nicht wisst, wer „Tom Turbo“ ist, das Wunderfahrrad mit den 111 Tricks, solltet ihr diese Wissenslücke schnell schließen – eure Kinder werden die Geschichten lieben!
Thomas Brezina schreibt nicht nur Kinder- und Jugendbücher, sondern ist auch Autor einiger Ratgeber, wie zB „Tu es einfach und glaub daran“ oder „Blödsinn gibt’s nicht“. Nun hat er im Rahmen dieser Fernsehsendung sein neues Buch vorgestellt, das er innerhalb weniger Tage zusammen mit seinem Verlag geschrieben und publiziert hat. Es entstand aufgrund von Reaktionen auf einen Instagram Auftritt von Thomas Brezina, die ihm die Verzweiflung vieler Jugendlicher angesichts der jetzigen Lebenssituation vor Augen geführt hat. So entstand „Auch das geht vorbei: glücklich bleiben in schweren Zeiten“.
Ich habe das Buch gelesen und finde es enthält sehr gute Tipps und Denkanstöße. Ich kann und möchte hier gar nicht das ganze Buch vorwegnehmen oder zusammenfassen, denn ihr sollt es ja selbst lesen! Man kann es kostenlos zB auf Amazon herunterladen, also gibt es keine Ausreden, es nicht zu lesen!!!
Einiges habe ich auch für mich aus diesem Buch mitgenommen. Auf viele Dinge in unserem Leben haben wir keinen Einfluss. Wir können die jetzige Situation nicht ändern, sie ist wie sie ist. Daher ist es wichtig, den Ist-Zustand anzunehmen. Das ist keinesfalls defätistisches Denken! Jeder darf auch mal jammern, doch sich im Jammern zu verlieren führt dazu, dass wir uns immer schlechter fühlen und durch unsere Angst gelähmt werden.
Angst zu haben bedeutet immer zu stagnieren
Die Abkürzung FEAR (= Angst) steht nicht nur für Fuck Everything And Run (Lauf wie der Teufel) sondern auch für False Evidence Appearing Real. Das kann nicht nur im Sinne von „Fake News“ ausgelegt werden, sondern auch dahingehend, dass wir aufgrund unserer Interpretation der Realität zu falschen Schlüssen kommen, die wiederum bei uns Angst auslösen.
Wie kann man nun dieser Angst entgegenwirken? Zunächst hilft es, genau hinzusehen und zu analysieren, wovor man sich tatsächlich fürchtet. Habe ich Angst davor, mich anzustecken und krank zu werden? Habe ich Angst davor, meinen Job zu verlieren? Habe ich Angst vor dem Alleinsein? Was wäre der schlimmst mögliche Ausgang? Wie wahrscheinlich ist dieser worst case? Ist meine Angst möglicherweise unverhältnismäßig groß?
Auch wenn der Vergleich mittlerweile schon abgedroschen ist – es ist gesünder für die Psyche, das Glas als halb voll und nicht als halb leer zu bezeichnen. Unsere Wortwahl und die Benennung der Dinge hat großen Einfluss auf unsere Haltung und unser „Mindset“. Man kann die Zeit, die wir in Quarantäne oder in Ausgangssperre verbringen müssen als Gefangen sein interpretieren oder aber als Chance. Als Chance, endlich mehr Zeit für sich zu haben, endlich den Stapel Bücher lesen zu können, der sich neben dem Bett türmt und verstaubt, endlich wieder eine engere Verbindung zu seinen Liebsten zu haben und Zeit mit ihnen verbringen zu können. Gerade vor euren Kindern solltet ihr auf eure Wortwahl achten, denn eure Worte können bei ihnen Bilder erzeugen und Assoziationen auslösen, auf die Erwachsene gar nicht kommen würden.
Der Begriff "Entschleunigung" ist schon seit Jahren in Mode, erst jetzt erfahren wir gezwungenermaßen, was er eigentlich bedeutet.
Die Welt wird nach dieser Krise verändert sein, das steht fest. Allerdings bedeutet das nicht, dass diese Veränderung nur zum Schlechten sein muss. Abgesehen von den Veränderungen im Großen – bei meiner Firma hat es zB das Coronavirus gebraucht, um endlich Home Office einzuführen – gibt es vielleicht auch Veränderungen im Kleinen.
Veränderungen, die ihr in eurem Leben umsetzen möchtet. Ihr habt die Chance zum Umdenken bekommen. Habt ihr Pläne, die ihr immer aufgeschoben habt? Ist euer Leben gut so, wie es jetzt ist? Tut ihr das, was ihr wirklich tun wollt? Vielleicht habt ihr jetzt die Zeit, einiges zu überdenken und nachzujustieren, falls euer Leben in eine Richtung gelaufen ist, die für euch nicht mehr stimmig ist.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Zeit, die wir nun geschenkt bekommen haben, zu nutzen. Umgebt euch mit schönen Dingen, seht euch keine Katastrophenfilme an – dafür müssen wir derzeit nur die Zeitung aufschlagen oder die Nachrichten ansehen – sondern Komödien, erzählt euch Flachwitze, erstellt euch eine Playlist mit fröhlicher Musik, singt lauthals dazu mit euren Kindern und tanzt durch die Wohnung, probiert neue Rezepte aus, schafft Ordnung mit oder ohne Marie Kondo, hört einander zu und unterstützt euch gegenseitig dabei, der schwierigen Situation Positives abzugewinnen!
Denkt daran – jede erfolgreiche Revolution fängt im Inneren an, beginnt jetzt eure eigene Revolution – eine Veränderung zu einem positiven Leben für euch und eure Lieben!
Quellen und Buchtipps:
Stangl, W. (2020). Stichwort: 'Resilienz'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/593/resilienz/ (2020-03-22)
Thomas Brezina: thomasbrezina.com
Comentários